Vereinigte Staaten, Neuseeland 2012
Regie: Peter Jackson
Drehbuch: Peter Jackson & Philippa Boyens, & Fran Walsh & Guillermo del Toro
Darsteller: Martin Freeman, Ian McKellen, Richard Armitage
Länge: 161 Minuten
Rating:
Sichtung in 2D. Spoiler-Warnung
Langsam aber sicher kann man absehen, wie stark Peter Jacksons zweite Filmtrilogie in Mittelerde hätte werden können, wenn man dem ursprünglichen Plan von lediglich zwei Filmen gefolgt wäre. Dabei bin ich gar kein Purist. Ich habe die Bücher nicht gelesen, stehe für freie Adaptionen ein und befinde mich als Zuschauer prinzipiell sehr gerne in Mittelerde. Doch dieses sehr mäßige Zwischenstück beleuchtet die Kinoproduktion ungewollt stärker als sein Vorgänger (und wahrscheinlich auch sein fulminantes Actionfinale). Was übrig bleibt ist ein Film ohne Anfang und Ende, gefüllt mit detailverliebten, aber schlussendlich unnötigen Abzweigungen, zauberhaften Actionsequenzen und einer CGI-Kreation, die neben Gollum und Caesar eine weitere Trophäe in der beeindruckenden Gallerie von Wetas Digitalschmiede darstellt.
Gandalf, Bilbo und die dreizehn Zwerge sind weiterhin auf der Flucht vor den Orks und ihrem sadistischen Anführer Azog. Sie finden zunächst Unterschlupf in einem von Spinnen übernommenen Teil der Wälder, bevor sie von den Elfen des Düsterwaldes in Haft genommen werden. Das Schicksal meint es nicht gut mit ihnen, doch durch eine rasante Wasserschlacht gelingt ihnen die Flucht und sie stoßen auf einen jungen Bogenschützen, der ihnen bei ihrer Reise zum Einsamen Berg und der Verteibung des Drachen Smaugs helfen kann.
Leider enttäuscht Smaugs Einöde trotz eine erhöhten Tempos und beeindruckenden CGI-Kämpfen stärker als sein Vorgänger. Der Film folgt einer immer redundanter werdenden Erzählung, die nicht mehr durch innere Kausalität bedingt ist, sondern Punkt um Punkt auf einer langen Liste ohne einen nennbaren Mehrwert abhakt. Insbesondere Jacksons empfundene Notwendigkeit die wachsende Bedrohung Saurons im ersten Teil näher zu definieren und nun auch noch explizit zu visualieren, stößt übel auf; denn diese wirkt arg konstruiert und angehängt, sind die Gefahren und Risiken der ursprünglichen Reise doch schlicht einer anderen Kategorie entsprungen.
Dadurch geht der Fokus auf unseren titelgegebenden Helden leicht verloren. Bilbo wird nur noch punktuell eingesetzt, der Versuch der Analogie des Königs ohne Throns wird zu viel Screentime gegeben (verlorene Zeit: Richard Armitage kämpft auf verlorenem Posten um die Sympathie einer Figur, der von Seiten des Drehbuchs absolut keine Unterstützung zugefahren wird) und dazu aufgebauscht durch wahrhaftig entbehrliche Expositionsszenen wie die Einführung in Bree, die bereits früh ihren Höhepunkt in dem erneuten Cameo des Regisseurs als zwielichtiger Trunkenbold findet.
Und so verbleibt, wie schon im ersten Teil, lediglich die Konfrontationsszene mit einem Gegenspieler als letzte Möglichkeit um Bilbo (und Freemans goldrichtige Darstellung) ins Rampenlicht zu rücken. Diese Szene ist dann auch so beeindruckend (besonders dank Weta und Benedict Cumberbatchs rauchiger Stimm) inszeniert. Das darauffolgende Katz-und-Maus-Spiel zwischen den Zwergen und dem Invasoren ist zunächst ebenfalls entzückend, wirkt dann aber schnell ermüdend sowie in die Länge gezogen und kommt trotzdem nicht zum Höhepunkt: Kurz vor dem eigentlichen Finale fliegt Smaug zur Esgaroth und die drohende Zerstörung wird auf den finalen Teil verschoben. Dieses Ende ist so antiklimaktisch, dass man sogar im sonst recht abgehärteten Publikum ein genervtes Stöhnen vermerken konnte.
Dabei wäre in dem ohnehin an Überlänge krankenden an vielen Stellen Grund und Platz gewesen Zeit einzusparen. Zum Beispiel erinnert der Besuch bei Beorn an den fast schon legendär gestrichenen Abstecher zum viel interessanteren Tom Bombadil in Der Herr der Ringe Trilogie. Diese Mäander und vielen Nebengeschichten ziehen wie ein starkes Gewicht die übergeordnete Geschichte nach unten, die nur noch punktuell Fahrt aufnehmen und brillieren kann. Trotzdem muss das Produktionsdesign gelobt werden. Mittelerde ist zum Greifen nahe, die Kostüme und das Make Up sind beeindruckend gestaltet, auch wenn die ein oder andere kreative Wahl ein wenig verunsichert.
Jackson ist immer noch ein Meister seines Faches, aber viel zu oft verliert er sich in den Details, die eine “wenn schon, denn schon”-Mentalität offenlegen. Function follows form. In der Retrospektive wird man wohl leider einen exzellenten Fanedit aus den drei Filmen schneidern können und die ursprüngliche Version von Jackson, Boyens, Walsh und del Toro besser widerspiegeln werden als die fertige Box im Regal.