Meine Oscar-Favoriten 2020 - PewPewPew

Meine Oscar-Favoriten 2020

09 Feb, 2020 · Sascha · Film

2019 war ein turbulentes Jahr. Das führte eben auch u.a. dazu, dass ich so wenig Filme wie in kaum einem Jahr zuvor sah. Während ich mit den Serien gut hinterher kam und viele Podcasts produzieren konnte, ging ich immer seltener ins Kino und loggte nur 113 Einträge bei Letterboxd. Puh. Das fand ich so deprimierend, dass ich mir neben diversen anderen Vorhaben für das neue Jahr auch den Plan hegte, mehr Filme zu schauen. Das hat im Januar schon fantastisch funktioniert, sodass ich alle Oscar-nominierten Filme nachholen konnte. Die Liebe für das Kino war nie weg, aber sie brannte selten so stark. Dank der intensiven Vorbereitung kann ich in diesem Jahr auch meine Oscar-Favoriten nicht nur auswählen, sondern auch ein bisschen mehr als sonst kommentieren.

Best Picture:

Ford v Ferrari
The Irishman
Jojo Rabbit
Joker
Little Women
Marriage Story
1917
Once Upon a Time in Hollywood
Parasite

Schwierige Kiste insgesamt und viele Kandidaten, die es durchaus verdient hätten. Machen wir es kurz: Mit OUATIH, Parasite, 1917 und Joker kann ich sehr gut leben. Ford v Ferrari wäre ein kleiner Upset, aber darüber könnte ich mich freuen und lachen. Jojo Rabbit ist schrecklich, Little Women einschläfernd und Marriage Story in der Erinnerung dann doch etwas verblasst. The Irishman hat mich einfach nicht ergriffen und Scorsese verfilmte den gleichen Stoff mit besserem Ergebnis.

Best Director:

The Irishman – Martin Scorsese
Joker – Todd Phillips
1917 – Sam Mendes
Once Upon a Time in Hollywood – Quentin Tarantino
Parasite – Bong Joon-ho

Wenn man mal den Job des Regisseurs auf das Wesentliche – die Arbeit am Set – reduziert, wo Visionen und Beziehungen scheitern können, müsste man eigentlich jedem Nominierten den Preis geben, angesichts der genialen Endergebnisse. Alle Filme lassen eine tiefe emotionale Zusammenarbeit von Schauspielern und ihren Regisseuren erkennen. Jeder hätte es verdient, aber Quentin Tarantino darf nach den Brotkrumen im Bereich der Drehbücher auch endlich mal für das ausgezeichnet werden, was er am besten kann: Regie führen.

Best Actor:

Antonio Banderas – Pain and Glory
Leonardo DiCaprio – Once Upon a Time in Hollywood
Adam Driver – Marriage Story
Joaquin Phoenix – Joker
Jonathan Pryce – The Two Popes

Joaquin Phoenix verdient die höchste Auszeichnung Hollywoods nicht nur für seine geschichtete Darstellung eines psychisch kranken Mannes; und seine Filme zuvor. Phoenix spielt sich seit über zwanzig Jahren die Seele aus dem Leib, sein Joker reflektiert auch die eigenen Dämonen. Ein sehr persönliches und ergreifendes Werk, das merkt man in jedem Moment.

Best Actress:

Cynthia Erivo – Harriet
Scarlett Johansson – Marriage Story
Saoirse Ronan – Little Women
Charlize Theron – Bombshell
Renee Zellwegger – Judy

Absolut keine der (nominierten!) Darstellungen riss mich in diesem Jahr vom Hocker. Saoirse Ronan verdiente einen Oscar für Brooklyn. Eine kleine, goldene Statue für eine kleine Frau. Das fände ich gerecht.

Best Supporting Actor:

Tom Hanks – A Beautiful Day in the Neighborhood
Anthony Hopkins – The Two Popes
Al Pacino – The Irishman
Joe Pesci – The Irishman
Brad Pitt – Once Upon a Time in Hollywood

Brad Pitt ist der beste Kumpel, den wir niemals hatten.

Best Supporting Actress:

Kathy Bates – Richard Jewell
Laura Dern – Marriage Story
Scarlett Johansson – Jojo Rabbit
Florence Pugh – Little Women
Margot Robbie – Bombshell

Wie schon bei den Hauptdarstellerinnen fand ich in diesem Jahr auch hier keine Rolle, die mich wirklich umgehauen hat. Es ist mir eigentlich egal, wer gewinnt. Florence Pugh sollte jedoch gewinnen, sodass sie für ihre Hauptrolle in Midsommar eben nicht total leer ausgeht.

Best Original Screenplay:

Knives Out
Marriage Story
1917
Once Upon a Time in Hollywood
Parasite

Die Oscars kreieren häufig Skandale und lassen Fans laut aufschreien, weil ihre Lieblinge nicht nominiert wurden. Bei fünf möglichen Nominierten kann man es nicht allen Kandidaten recht machen, so viel ist klar. Aber bei diesem Feld kann man doch zufrieden sein. Knives Out ist mir nach einigen Wochen Abstand zu lahm und Marriage Story verliert seinen Charme durch Baumbachs selbstgefällige Selbstdarstellung. Bei den restlichen drei gibt es für mich keinen klaren Favoriten. 1917 finde ich als Projekt sehr ambitioniert und einfach spannend, ein wahrer Pageturner. OUATIH gelingt durch seine Figuren und Momente der perfekte Handout-Film. Parasite aber wird mich durch die vielen Zugänge und Interpretationen am längsten beschäftigen. Für mich hat der Film leider das schwächsten Ende (wobei, vielleicht eher Epilog?) von allen nominierten, aber das ist nur ein kleiner Makel.

Best Adapted Screenplay:

The Irishman
Jojo Rabbit
Joker
Little Women
The Two Popes

So spannend ich die originalen Drehbücher finde, so lahm ist diese Kategorie. The Irishman ist lang, zäh und erzählt nichts Neues. Jojo Rabbit bleibt fürchterlich und unangebracht. The Two Popes und Little Women waren langweilig und im Falle der Girls nicht einmal die beste Adaption des Stoffes. Bleibt also Joker, ein Amalgam aus Scorsese, dem New York der Siebziger und Superheldenmythos. Dem Film wurde vorgeworfen, gefährlich zu sein. Ich halte es dagegen für gefährlich, den Film zu unterschätzen.

Best Animated Film:

How to Train Your Dragon: The Hidden World
I Lost My Body
Klaus
Missing Link
Toy Story 4

Nicht alles gesehen, aber rein die Animation und die digitalen Kamerainnovationen betreffend müsste Pixar das eigentlich wieder reißen.

Best Editing:

Ford v Ferrari
The Irishman
Jojo Rabbit
Joker
Parasite

Als Kind musste ich viele Jahre lang Formel 1 schauen ohne dass es mich je begeisterte oder auch nur interessierte. Wie Ford v Ferrari seine Rennen inszeniert, hat mich aber zu jeder Sekunde gepackt.

Best Cinematography:

The Irishman
Joker
The Lighthouse
1917
Once Upon a Time in Hollywood

Deakins. No debate. Kann man jetzt “self-mastubatory” oder “gimmick-y” nennen, es ist einfach eine fantastische umgesetzte Idee. Das gebührt Respekt.

Best Production Design:

The Irishman
Jojo Rabbit
1917
Once Upon a time in Hollywood
Parasite

Los Angeles war nie schöner.

Best Costume Design:

The Irishman
Jojo Rabbit
Joker
Little Women
Once Upon a Time in Hollywood

In der Kategorie gewinnt häufig nicht “best”, sondern “most”, daher dürfte wohl Little Women oder The Irishman den Pokal mit nach Hause nehmen. Für mich aber gewinnt OUATIH, alleine für Cliff Boothes legendär cooles Fit.

Best Sound Editing:

Ford v Ferrari
Joker
1917
Once Upon a Time in Hollywood
Star Wars: The Rise of Skywalker

Kein Film hat mich in diesem Jahr mehr gepackt, auf einer existenziellen Überlebensebene abgeholt. Die Welt und der Weltkrieg von 1917 wurden lebendig. Ob sich das gehört, ist eine andere Debatte.

Best Sound Mixing:

Ad Astra
Ford vs. Ferrari
Joker
1917
Once Upon a Time in Hollywood

Für die Mondverfolgungsjagd und Flüsterszenen.

Best Visual Effects:

Avengers: Endgame
The Irishman
The Lion King
1917
Star Wars: The Rise of Skywalker

Für WIRED hat VFX-Experte Kevin Baillie von Method Studios eindrucksvoll dargelegt, wieso es in dieser Kategorie keinen schlechten Gewinner geben wird. The Lion King bekommt aber von mir den Oscar, nicht nur für “die meisten” Spezialeffekte (bis auf eine Einstellung ist der gesamte Film im Computer entstanden und ist bis auf die Münder fotorealistisch), sondern auch für die Innovation bezüglich der Kameraführung und den Dreh in virtuellen Welten. De-aging gibt es jetzt seit ein paar Jahren (und besser), 1917 erweitert und verdeckt seine Sets klug, aber das ist die Zukunft.

Best Make-Up and Hairstyling:

Bombshell
Joker
Judy
Maleficent: Mistress of Evil
1917

Für die Beständigkeit.

Best Original Score:

Joker
Little Women
Marriage Story
1917
Star Wars: The Rise of Skywalker

Ich könnte absolut nichts zu den anderen vier Nominierten sagen; aber nicht nur deshalb: Joker. Hildur Guðnadóttirs grandioses Jahr mit Musik für Hildur Guðnadóttir und Joker weckt ein Gefühl der tiefen Bedrohung, ein großes Unheil bahnt sich an und es ist noch zu unterschwellig, um wirklich wahrgenommen zu werden, bevor es zu spät ist. Passend für die Filme und unsere Zeit.

Best Original Song:

“I Can’t Let You Throw Yourself Away,” Toy Story 4
“(I’m Gonna) Love Me Again,” Rocketman
“I’m Standing With You,” Breakthrough
“Into the Unknown,” Frozen II
“Stand Up,” Harriet

Go, Elton!

Best International Film

Corpus Christi
Honeyland
Les Miserables
Pain and Glory
Parasite

Keine Frage.

Best Documentary

American Factory
The Cave
The Edge of Democracy
For Sama
Honeyland

Nicht viel gesehen, aber American Factory hat schockiert.