Durch Viruserkrankungen ausgelöste Weltuntergänge sind gerade in der US-Medienlandschaft dank dem großen Erfolg von The Walking Dead äußerst beliebt. Michael Bay zum Beispiel produziert The Last Ship, in dem die Besatzung eines US-Kriegsschiff auf ihrer Reise in die Antarktis feststellen muss, dass die Welt gerade durch eine Pandemie untergeht und dieses Schiff, inklusive einer brillianten Ärztin an Bord, die letzte Hoffnung der Menschheit ist.
Ein wenig bedrohlicher für die Figuren der Show ist dahingegen das ähnliche Setting von Helix, der neuen Serie auf Syfy von Battlestar Galactica Schöpfer Ronald D. Moore, die ebenfalls von einem Team in der Antarktis erzählt, das mit unglaublich aggressiven Viren hantiert. Nach einem Zwischenfall breitet sich eine tödliche Erkrankung durch die Station aus, die auf keinen Fall außerhalb des eisigen Kontinents geraten darf. Doch die Leitung des Teams spielt nicht mit offenen Karten und scheint ein großes Geheimnis zu verbergen.
Der Pilot verschwendet keine Sekunde und peitscht den Plot von einem Beat zum nächsten. Als Zuschauer fühlt man sich schnell unterhalten, findet sich nach dem Ende der zwei Folgen jedoch in einem thematischen Vakuum. So ist weder das Militär noch das CDC richtig eingeführt, da befinden sich ihre Vertreter bereits auf dem Weg zur Basis eines Forschungsunternehmens, das sich außerhalb der territorialen Ansprüche in der Antarktis angesiedelt hat, um nationalen Restriktionen auszuweichen. Die ästhetisch ansprechende Basis ist in sich stimmig, auch wenn die inneren Strukturen räumlich und vor allem im Bereich der Sicherheit dem Plot und dem zentralen Mysterium sehr entgegen kommen, welches bereits jetzt übernatürliche Töne anschlägt.
So ist Peter Farragut, der Bruder des eingeflogenen CDC-Chefs Alan, bisher der einzige Überlebende, nachdem ein Virus ausgebrochen ist, das alle Infizierten in organischen Schlamm auflöst. Doch die Infektion bleibt auch bei ihm nicht ohne Auswirkungen. Er schwitzt, ist ganz blass und seine Venen am ganzen Körper werden sichtbar. Er ist auch nicht ansprechbar, entwickelt aber entgegen seinem äußerlich schlechten Eindruck übernatürliche Fähigkeiten, die ihm zur Flucht helfen. Dazu nutzt der Virus seinen Wirt um sich weiter zu verbreiten, was einer zombienahen Logik folgt und nicht sonderlich originell wirkt. Ästhetische und narrative Vergleiche zu Alien oder The Thing sind nicht nur berechtigt, sondern offensichtlich.
Das angereiste Team ist ebenfalls ein Mischmasch aus bekannten Tropes und kann bisher wenig überzeugen. Billy Campbell mimt den kompetenten und charmaneten Anführer, der natürlich durch seinen Bruder emotional in den Plot eingebunden sein muss und die Detektivarbeit seines Teams durch die Vergangenheitsbewältigung um seinen alkoholkranken und gewalttätigen Vater erhellen kann. Mit ihm angereist sind neben einem Militäroffizier, der durch seine nebulösen Aktivitäten verschwörungstheoretische Ressentiments des Publikums in Zeiten des NSA Skandals bedient, drei Frauen. Eine von ihnen übernimmt den souveränen Part, der nach einer katastrophalen Ehe und Scheidung die Welt des sexuellen Wettbewerbs bereits zumindest emotional verlassen hat. Glücklicherweise, muss man aus Sicht des Zuschauers sagen; immerhin sind die beiden weiblichen Leads hauptsächlich über ihre Beziehung zur männlichen Hauptfigur definiert.
So darf Kyra Zagorsky die enttäuschte, aber dennoch emotional verbundene Exfrau spielen, während Jordan Hayes die junge Schülerin mimt, die offensichtlich nicht nur in die Forschungen ihres Vorgesetzten interessiert ist. Dass Helix sich nicht um seine Frauen oder offenen Sexismus schert, zeigt nicht nur diese manipulative und unprofessionelle Dreiecksbeziehung im Piloten, sondern auch eine Szene am Ende der zweiten Folge, die einer Vergewaltigung gleichkommt. Das ist problematisch, so sehr man auch die krassen Töne durch musikalische Untermalung, die auch in der Titelsequenz angeschlagen werden, relativieren und den Hauch von Pulp betonen will.
Zuguterletzt wäre noch das Mysterium selbst, das durch verschwörungstheoretische Verstrickungen, befördert durch die operationale Logik der Anlage selbst, Vorurteile und Ängste in der amerikanischen Gesellschaft gegenüber der wachsenden Industriemacht Chinas beschwört. Selbst wenn Dr. Hiroshi Hatake vom japanischen Schauspieler Hiroyuki Sanada dargestellt wird, soll die Botschaft hier doch klar eine Warnung an den Zuschauer sein, dass man “denen” nicht vertrauen kann.
Trotz all der Kritik lassen die zwei Folgen sich wirklich dennoch schnell wegschauen und halten mit ihrem zentralen Mysterium ein hohes Spannungslevel, das für eine Staffel durchaus halten. Das Langzeitpotential der Serie kann aber nicht nur in der Antarktis liegen. Für derartige Veränderungen müssten aber sicherlich die Ausmaße und damit das Budget vergrößert werden. Ob Syfy das mitmacht, wird sich am Erfolg der Serie zeigen. Für das Format sollte sich jedoch mit Sicherheit eine Sparte finden lassen. Soderberghs Contagion zeigte, dass sich eine Pandemie nur mit vielen Figuren und Plotlines adäquat behandeln lässt. Und dafür ist das Serienformat die bessere Alternative.
Rating:
Die ersten 13 Episoden von Helix laufen ab dem 10. April jeden Donnerstag ab 21:00 Uhr auf Syfy. Eine zweite Staffel ist in Planung. Kollege Jonas schreibt drüben bei Seriesly Awesome für jede Episode eine Review und ist bisher auch nicht wirklich begeistert. Bildmaterial © Syfy