Vereinigte Staaten 2012
Regie: Sarah Polley
Drehbuch: Sarah Polley
Darsteller: Michelle Williams, Seth Rogen, Sarah Silverman, Luke Kirby
Länge: 116 Minuten
Rating:
“New things get old.”
Sarah Polley ist nur nicht eine gute Schauspielerin (den meisten wohl aus Snyders “Dawn of the Dead” Remake bekannt), sondern auch eine fantastische und talentierte Regisseurin. Ihr “Away from her” war einer der ersten Indiefilme, die mich in jüngeren Jahren wirklich interessierten und mich für das Genre sensibilisierten. Deshalb war ich also nun einige Jahre später verdammt interessiert, was sie mit ihrem neuen Film anstellen würde; dazu spielten einige meiner Lieblingsschauspieler zentrale Rollen.
Margot befindet sich gerade auf einer Arbeitsreise als sie den charmanten Daniel trifft. Sie treffen sich im Flugzeug wieder, wohnen nahe beianander und nehmen sogar das gleiche Taxi mit nach Hause. Es wäre der Beginn einer glorreichen Romanze, doch Margot ist bereits mit Lou verheiratet – und das eigentlich glücklich. Lou schreibt Kochbücher, sorgt sich glänzend zu Hause um seine Frau und ist ein rundum netter Kerl, perfekt gespielt vom sympathischen Seth Rogen. Doch etwas fehlt Margot. Die Beziehung ist nicht mehr frisch und ein wenig eingerostet, funktioniert aber noch, ist aber nicht mehr aufregend. Routine und Alltag sind eingekehrt. Daniel, der bei Margot nicht locker lässt, bietet da erfrischende Abwechslung.
Der Plot von Polleys Drehbuch ist eigentlich Material für sämtliche Rom-Coms unter der Sonne, aber ihr realer und nuancierter Ansatz an die Geschichte, der Margots Zwiespalt versteht und in kleinsten Details auf die Leinwand bringt, verzaubert jeden, der schon einmal die Liebe für sich gewann und dann verlor.
Polleys Film ist magisch. Die Bilder ihrer Kleinstadt irgendwo an der Ostküste der USA bringen einen nachbarlichen Charme auf die Leinwand und zeigen, wie nah die Geschichte am Alltag und der Realität liegt. Dabei ist Polley eine sehr ökonomische Regisseurin. Jede Szene treibt die Geschichte voran, jede Einstellung vermittelt uns die Gefühle der Charaktere und jede Umgebung spiegelt die Beziehungen der Charaktere zueinander wider.
Auch wenn Polley Margot als empathische Hauptperson, gespielt von der Indiekönigin Michelle Williams, gekonnt als ambivalente und liebenswerte Person zeigt, ist die Botschaft doch klar: auch neue Dinge werden alt. Großartig zeigt das Polley in einer minutenandauernden Szene, in der die Kamera, ähnlich dem Karussel des Lebens, die neu einbezogene Wohnung von Daniel und Margot zeigt und die Charaktere in Zeitsprüngen umkreist. Zunächst haben sie leidenschaftlichen Sex und sind verliebt. Später, um die Dinge ein wenig aufzupeppen, laden sie dritte Sexualpartner ein und am Ende, nach einiger Zeit, sitzen beide dort alleine vor dem Fernseher, wie Lou und Margot zu Beginn des Films. Die Innenausstattung ändert sich parallel. Findet sich zu Beginn der Szene in dem Atelier nur ein einziges Bett, weichen nach und nach diese Objekte dem Alltäglichen.
Eine Nebengeschichte um Lous Schwester und ihre Alkoholabhängigkeit wirkt etwas deplatziert und findet nur so halb später ihren Platz in dem großen Ganzen, aber Sarah Silverman beweist hier deutlich, was für eine gute Schauspielerin sie ist.
Polleys ‘Take This Waltz’ ist jedem Menschen wärmstens ans Herz zu legen, der schon einmal Liebeskümmer hatte. Er verkörpert diese magische Schwebe zwischen den Dingen perfekt und zeigt, für uns schmerzvoll, Personen, die man aus dem Freundeskreis oder von eigenen Erfahrungen kennt.