The Mandalorian & Grogu ist ein fürchterlicher Filmtitel, passt aber total in Lucasfilms Muster - PewPewPew - PewPewPew

Ich kann immer noch nicht wirklich glauben, dass der Jon Favreaus Kinofilm The Mandalorian & Grogu heißen soll. Der erste Star Wars Film seit sieben Jahren wird einfach so heißen, wie die zwei darin herumhüpfenden Serienhelden. Das ist einfallslos und traurig. Es zeigt auf der einen Seite total dieses Filoni-Cameo-Paradigma, welches schon die Star Wars Serien ab der zweiten Staffel von The Mandalorian dominierte (und ruinierte), nämlich dass mehr bekannte Figuren immer ein Pluspunkt sind. Gleichzeitig offenbart es schamlos, wie risikoscheu die Köpfe bei Disney operieren. Das Marketing selbst muss fast keine Arbeit mehr leisten. Wen interessiert es schon, worum es in dem Film geht oder was passiert. Hauptsache ist doch, dass Mando und Baby Yoda dabei sind. This is your brain on chicken jockey logic. And, unfortunately, it is likely going to work.

Ich hegte durchaus Hoffnung, dass man sich noch etwas Besseres einfallen lassen würde. Oder dass eventuell noch ein Untertitel dazu kommt. Die Mythologie der Mandalorianer gibt da durchaus mehr her. Aber nein, es bleibt bei den zwei titelgebenden Hauptfiguren. Einerseits ist das keine Überraschung. Seit der gescheiterten Sequel-Trilogie sind dies die einzigen neuen Star Wars Figuren, die wirklich in den Zeitgeist vorgedrungen sind. Wieso sie noch hinter größeren Ambitionen verstecken wollen?

Dazu passt es voll in das Muster, das Lucasfilm-Veröffentlichungen seit 2015 dominiert. Betrachtet man zum Beispiel die Star Wars-Comics von Marvel, kann man beobachten, wie sich immer stärker auf einzelne Charaktere konzentriert wird – nicht nur inhaltlich, sondern auch in der Art und Weise, wie die Geschichten strukturiert sind. Das zeigt sich nicht nur in den Titeln der Reihen, sondern auch in ihrem Aufbau: Statt einer großen, übergreifenden Handlung, die sich organisch durch alle Veröffentlichungen zieht, stehen zunehmend Einzelgeschichten im Fokus, die sich tief in die Psyche und die Motivationen bestimmter Figuren graben.

Ein gutes Beispiel ist die Hauptreihe Star Wars, die sich nach der Übernahme von Marvel durch Disney zunächst um die Abenteuer von Luke, Leia und Han nach Eine neue Hoffnung drehte, später aber immer deutlicher auf Lukes Weg zum Jedi fokussierte. Parallel dazu hat die Darth Vader-Reihe eine ähnliche Entwicklung durchgemacht: Während die ersten Bände noch versuchten, Vaders Rolle im Imperium zu kontextualisieren, rückten nach und nach persönliche Konflikte und innere Dämonen in den Mittelpunkt. Die Pathologisierung von Darth Vader ist sowieso eine riesige Sünde dieser Comics. Das geht mittlerweile so weit, dass selbst große Crossover-Events wie War of the Bounty Hunters oder Crimson Reign zwar mit einem gigantischen Marketing-Buzz als „game changing“ angekündigt werden, am Ende aber eher als Vehikel für noch mehr Einzelcharakter-Erforschung dienen.

Marvels Ansatz ist damit ein klarer Bruch zu den Dark-Horse-Comics der 90er und 2000er. Damals gab es natürlich auch viele figurengetriebene Geschichten, aber gleichzeitig wurde stets versucht, größere Narrative zu erzählen – und damit das Star Wars Universum in all seinen Facetten scheinen zu lassen. Reihen wie Knights of the Old Republic, Legacy oder Republic / Empire haben ganze Epochen definiert und dabei ein weitverzweigtes, sich stetig weiterentwickelndes Universum erschaffen. Heutzutage scheint die Prämisse eher zu lauten: “Wie können wir aus jeder noch so kleinen Lücke in den Filmen etwas herausholen?”

Das ist kein reines Problem, aber es verändert die Art, wie sich das Star Wars-Universum anfühlt. Geschichten wie Doctor Aphra oder Bounty Hunters haben natürlich ihre Daseinsberechtigung und mit der High Republic existiert das perfekte Gegenspiel für mein Argument, aber es fällt auf, dass Star Wars zunehmend fragmentierter wirkt. Manchmal hat man das Gefühl, dass jede Figur, die mehr als zwei Minuten Screentime hatte, unbedingt ihre eigene Miniserie braucht – und wenn die nicht gut genug ankommt, dann eben noch eine weitere, bis es passt. Watch this space for any surviving Andor character, btw.

Ob das nun gut oder schlecht ist, hängt davon ab, was man von Star Wars erwartet. Wer sich gerne in den Köpfen einzelner Charaktere verliert, kommt aktuell mehr denn je auf seine Kosten. Wer sich hingegen nach epischen, zusammenhängenden Erzählungen sehnt, wie sie einst The New Jedi Order, Legacy of the Force oder selbst die großen Dark-Horse-Sagas boten, könnte zunehmend das Gefühl haben, dass Star Wars sich in Einzelporträts auflöst, ohne das große Gesamtbild weiterzumalen. Und der neue Ryan Gosling Film Starfighter? Ein “Standalone”-Film.

Insofern passt The Mandalorian & Grogu, “der Kinofilm zur Serie”, total in diese langjährige Entwicklung, die aber den Mythos von Star Wars zerstört.