Andrew Stanton Archives - PewPewPew - PewPewPew

Während bei uns in den Pausen der Oscars Werbung für Sexhotlines geschaltet wird und wir mit dem zehnten Trailer für 12 Years a Slave bombadiert werden, laufen in den USA zu der besten Sendezeit neue Spots und Google hat an diesem Abend diesen Preis definitiv davon getragen. Die Werbung feiert alle Geschichtenerzähler und die, die es werden wollen und täglich mit sich und ihrer Geschichte kämpfen. Zu einem Voice-Over von Filmemacher Andrew Stanton (John Carter, Wall-E, Finding Nemo) nehmen viele junge und alte Cinephile die Kamera in die Hand und setzen unterlegt zum Finding Nemo Theme ihre Ideen um. Pretty inspiring stuff.

“We all love stories. We’re born for them,” says filmmaker Andrew Stanton (“Finding Nemo,” “Toy Story,” “WALL-E”) in this video that celebrates everyone who’s ever had an idea, picked up a camera, or searched for a way to bring their story to life.

Andrew Stantons gesamten Storytelling TED Talk gibt es hier. (via)

Disney und der Mars

20 Mar, 2012 · Sascha · Featured,Film,Personal · Comments


via First Showing

Manchmal hat jemand eine tolle Idee in Hollywood. Manchmal haben zwei Autoren die gleiche Idee zur gleichen Zeit. Und manchmal produziert ein Studio schnell einen Film, weil es befürchtet, dass ein anderes Studio gerade die neue, heiße Scheiße produziert, auf die die Leute abfahren werden. So passiert es, dass in manchen Jahren zwei sehr ähnliche Filme in die Kinos kommen. Das war letztes Jahr so, als jemand mit der Idee “Freunde haben auf einmal Sex” (No Strings Attached, Friends with Benefits) ankam, 1998 war es ein Asteroid, der die Erde zerstören soll (Deep Impact, Armageddon), und im Jahr 2000 war es der Mars, der kolonialisiert werden will (Mission to Mars, Red Planet).

Seither war aber niemand mehr auf dem Mars. Der Grund: Geld. 2000 bombten nicht nur zwei Filme am weltweiten Box Office auf spektakuläre Art und Weise, sondern auch der Mars selbst. Erst 2011 traute sich Disney mit seinem Animationsfilm ‘Mars needs Moms’ wieder an den roten Planeten und erlebte einen der schlimmsten Flops der Filmgeschichte.

Kein Wunder also, dass Disney, die auch Andrew Stantons Adaption von Edgar Rice Burroughs’ Buchreihe um John Carter produzierten, den eigentlich geplanten Titelzusatz “of Mars” schnellstens strichen. Sogar Poster waren schon im Umlauf, die alle das überaus nette JCM Logo zeigten. Aber für John Carter hieß es Kommando zurück. In Interviews gaben zwar Regisseur Stanton und die Schauspieler mehrfach an, dass der Titel geändert wurde, weil der Charakter John Carter sich seinen Titel erst im Laufe des Filmes verdienen muss, aber wir wissen alle, dass das wohl marketingtechnisch nur klug eingerenkt wurde und eigentlich gelogen ist. So sinnvoll und, wenn man den Film gesehen hat, einleuchtend diese Erklärung auch sein mag, waren es am Ende wohl eher doch die Disney Executives, die einen weiteren Flop vermeiden wollten.

Die Angst war wohl berechtigt, denn jetzt haben wir den Salat. Andrew Stantons, zweimaliger Oscar-Gewinner für ‘Wall-E’ und ‘Findet Nemo’, erster Live-Action-Film fährt gerade einmal 30 Millionen US-Dollar (in den USA, weitere 70 Millionen weltweit) an seinem ersten Wochenende ein – das ist weniger als ein Zehntel seines angeblichen Budgets von bis zu 350 Millionen! Das ist eine verdammte Schande, denn der endgültige Film ist eine wunderbare Hommage an klassische Sci-Fi-Abenteuer. Der Film ist abenteuerlich, reich an Mythologie, schön geschossen und schlicht und einfach unterhaltend von Anfang bis Ende. Woran liegt es also, dass John Carter so schrecklich floppen konnte? Ich kann es euch sagen: Disney.

Selbst Edgar Rice Burroughs wusste, dass man mit einem Durchschnittsnamen wie Horst, Heinz oder John Carter keinen Blumentopf verkaufen kann und hat lediglich ein Buch, das letzte von elf, nach seinem Helden benannt. Der Rest ist spektakulär benannt und trägt jeweils stets den Titelzusatz “of Mars” – Kinokassengift in Disneys Buch. Also heißt der gute Film nun schlicht wie sein Titelheld. Aus Angst, Fans des Originals zu verärgern, würde man es in etwas komplett Neues ändern? Aus Angst, dass “A Princess of Mars” bei der wichtigen Demographie der männlichen Jugendlichen nicht ankommt? Des Versuches wegen, den Charakter zu einer mythischen Figur zu erheben? Ich kann es mir nicht erklären. Ich weiß nur, dass John Carter – sofern man den Film nicht gesehen hat, nichts darüber weiß und das Plakat einfach so sieht – langweilig ist. Und das ist nie gut. Niemand hätte einen Film namens Jake Sully sehen wollen.

Aber nicht nur beim Namen hat Disney das Kind fallen gelassen, sondern vor allem beim Marketing. Wenn man soviele Millionen, fast ein Drittel des Gesamtbudgets, für die Vermarktung eines Films ausgibt, dann sollte man sich auch Gedanken darüber machen, was man da an jede Hauswand, Bushaltestelle, LCD-Screen oder Litfasssäule klebt. Schon beim ersten Trailer hat Disney es völlig verpasst den Charakter und seine Geschichte gebührend und einfach einzuführen. John Carter ist ein klassischer Filmprotagonist. Er ist der Opa von Luke Skywalker, Peter Parker oder sogar Jake Sully aus Avatar. Deren Geschichte ist nämlich fast identisch. Ein Typ, der gerade am Tiefpunkt seines Lebens ist, kommt auf eine fremde Welt, auf der übernatürliche Kräfte hat und sich den Ureinwohnern anschließt. Screenwriting 101. Schaut euch mal den Avatar-Teaser an, der das fast ohne Dialog schafft zu erzählen, und vergleicht das mit dem ersten John Carter Trailer.

Es spielt leider keine Rolle, ob jetzt massenweise Artikel geschrieben werden, dass es ohne JC kein Star Wars, Star Trek oder Avatar gäbe, wenn der eigentliche Trailer und das Marketing es verpassen bzw. nicht schaffen, dies dem Publikum klarzumachen.

Es ist bezeichnend, wenn ein aus Clips und Trailern zusammengeschnittener Fan-Trailer mehr Sinn macht und die Geschichte dem Zuschauer besser näher bringt, als das offizielle Material. Nicht ohne Grund wurde der Trailer von Stanton und Anderen retweetet.

All das würde mich eigentlich nicht stören, denn schlechtes Marketing hindert mich nicht daran, einen Film zu sehen, für den ich mich interessiere. Es hindert mich auch nicht daran, den Film überaus toll zu finden, was ich tue. Es hindert mich aber daran, mehr von Barsoom und John Carter zu kriegen, denn die Chancen auf ein Sequel, dem mit dieser klassischen Origin-Story eine perfekte Basis gelegt wurde, sinken gegen Null.

Stanton hat mich dazu gebracht in diese Welt und den Charakter, so stumpf und schroff er zu Beginn daher kommt, zu investieren. Und daher will ich mehr sehen. Es ärgert mich einfach, wenn es weder dem Cast oder der Crew, sondern dem verfehlten Marketing eines Studios und dem dadurch verbundenen Zuschauerschwund geschuldet ist, dass das nicht passieren wird.

Zu alledem kommt noch jetzt noch der Todesschuss von Disney, denn man hat via Presse verkünden lassen, dass der Film wohl 200 Millionen miese machen wird. Das, bei einem Film, der noch in den Kinos läuft, so öffentlich zu tun, ist eine Beleidigung, es grenzt an eine Ohrfeige, für Stanton und jeden Beteiligten. Da sind nicht einmal Spielzeug, Merchandise, TV- und Home-Video-Verkäufe mit drin einberechnet – diese Zahl dann so zu veröffentlichen ist eine bodenlose Frechheit. Ironischerweise ist Disney selbst schuld und sie merken es nicht einmal. Die Dinge werden wohl so weitergehen. Gute Poster, wie das obige, werden wir wohl weiterhin von indie-Künstler via Mondo kaufen müssen und gute Filme werden trotzdem im Kino laufen.