Können die Hörner bitte noch etwas länger sein? Es soll richtig punkig aussehen! Mein ästhetisches Empfinden möchte revoltieren, doch ich weiß, dass Proteste fast immer ins Leere laufen. Ich seufze innerlich. Star Wars und Punks? Das geht doch nicht!
Es ist 2005, ich spiele das MMORPG Star Wars Galaxies und ich bin ein Image Designer. Während andere bei George Lucas‘ Weltraummärchen in erster Linie an Lichtschwerter, John Williams-Fanfaren oder Darth Vaders schweres Atmen denken, dreht sich meine Welt um Charakterdesign. Ich helfe anderen Spielern eigene Helden im Hintergrund des Sternenkriegs zu formen. Als lebendig gewordener Charakter Creator biete ich anderen Spieler meine Dienste an: neue Frisuren, Fettabsaugung per Klick, Tattoos – alles ist möglich.
Auf den ersten Blick mag das alles einem Gimmick gleichkommen, aber schlussendlich geht es hier um das Kreieren und Formen einer gemeinsamen Welt, wodurch Fans selbst ein Teil der Geschichte werden, was den Sog gerade eines MMOs noch weiter erhöht.
Der Star-Wars-Kosmos lebt wie keine andere Domäne der Popkultur vom Design seiner Welt. Deswegen ist die Cantina-Szene so entscheidend: Figuren im Hintergrund formen das Universum – und ich lege selbst Hand an. Zumindest in der Theorie. Diversität ist ein elementarer Bestandteil von Videospielen. Jeder möchte seine individuelle Vision umsetzen. Heutzutage wechseln teure Skins täglich den Besitzer. Ich will dagegen lediglich beraten, um die Immersion der Welt zu bewahren. Auf pinkfarbene Wookiees möchte ich nämlich verzichten.
Trotzdem schiebe ich nach einem Moment den Regler nach ganz rechts und sehe, wie die Hörner irokesenförmig aus dem Kopf des Zabraks in die Höhe schießen. Mein Patient ist zufrieden. Das soll mir recht sein. Schönheit liegt schließlich im Auge des Betrachters. Für meine Dienste verlange ich eigentlich keine Bezahlung, aber ich bekomme reichlich Trinkgeld, mit dem ich meinen X-Wing für die Weiterreise nach Tatooine neu lackieren kann. Irgendwie verspüre ich Lust auf was Gelbes.