USA, UK, Russland 2013
Regie: Renny Harlin
Drehbuch: Vikram Weet
Darsteller: Holly Goss, Matt Stokoe
Länge: 100 Minuten
Rating:
1959 begibt sich eine zehnköpfige Gruppe von russischen Studenten auf eine Expedition ins nördliche Uralgebirge. Einige Wochen später werden ihre Leichen an einem Berghang gefunden. Alle sind durch einen bis heute mysteriösen und kaum zu erklärenden Ablauf gestorben. Einige starben direkt in der Nähe ihrer Zelte, andere weit entfernt mit gebrochenen Schädeln. Jedoch gibt es keine Beweise für äußere Einwirkungen oder Kämpfe. Andere erfroren, nachdem sie ihre Zelte von innen aufschnitten und nahezu nackt in die Nacht flohen.
Es gibt eine ganze Bandbreite an Hinweisen ohne dass sich stimmige Rückschlüsse bezüglich der Hintergründe ziehen lassen. Die offiziellen Untersuchungen kamen zum Schluss, dass eine “natürliche, außerordentlich starke Kraft” zum Tod geführt haben muss, was durch die sehr wahrscheinliche Theorie einer Lawine seitens der Wissenschaft unterstützt wird. Aber immer wieder ranken sich wilde Gerüchte um diesen Vorfall, insbesondere im Internet stößt man in gewissen Foren oder Blogposts auf dieses Mysterium, vor allem in Verbindung zu Verschwörungstheorien, wegen der erhöhten radioaktiven Belastung bei einem der Opfer und mysteriösen orangenen Lichtern, die Anwohner über den Bergen gesehen haben wollen.
Eigentlich ließe sich aus dieser Premisse ein wirklich unterhaltsamer Film gestalten. Problematisch wird es nur für die Filmschaffenden, wenn sich der dazugehörige Wikipedia-Artikel interessanter liest, als der eigentliche Film. Mit Devil’s Pass (oder auch The Dyatlov Pass Incident) gelingt dies dem erfahrenen Actionregisseur Renny Harlin (Die Hard 2, Cliffhanger) leider nicht. Dabei liegt es nicht ausschließlich an der Regie, die aus der Found-Footage Mockumentary auf dem Papier noch einen anschaubaren Horrorfilm für DVD-Abende produziert. So bedient sich Harlin dem professionellen Charakter und Equipment der Figuren um ein paar ruhige Wide Shots der durchaus beeindruckenden Szenerie der Locationshoots zu erlangen. Natürlich fällt dieses Kartenhaus in sich zusammen sobald die Story ebenfalls gen Süden wandert im letzten Drittel. Dann erfahren wir als Zuschauer die gesamte Bandbreite der Genre-Fettnäpfchen und sehen für dieser Art von Digitalkamera unmögliche Störung über die Bildschirme flackern, während die Kamera gerade Achterbahn fährt.
Aber all dies wäre nur halb so ärgerlich, wenn das Drehbuch nicht so ein kompletter Totalausfall wäre. Im Making Of sagt Harlin, dass es die “character-driven story” war, die ihn zu dem Projekt hinzog. Zuschauer werden sich nach dem Film fragen, was genau er damit meinte. Die Figuren sind allesamt flach und teilweise, auf Grund verfehlter Charakterisierung, schwer auseinanderzuhalten. Das spielt jedoch keine Rolle, denn der Film respektiert seine Figuren nur sehr wenig und geht übel mit ihnen um. Wieso soll der Zuschauer sich also um sie kümmern, wenn es das Drehbuch nicht einmal tut?
Die Geschichte zieht sich in ihren viel zu langen 100 Minuten Laufzeit in den ersten zwei Dritteln nur sehr mäßig und zäh bis es eine durchaus interessante Wendung gibt, die Hoffnung auf das Finale und eine Auflösung des Mysteriums kreiert. Die Enttäuschung folgt nach einer spannenden Wendung dann schnell in Form eines Bunkerhorrors und CGI-Kreaturen, die das niedrige Budget der Produktion dramatisch widerspiegeln. Wieso man diese Figuren nicht mit Schauspielern in Make-Up filmte, wird für mich das zentrale Mysterium des Films bleiben. So verkommt die potentiell spannende Premisse schnell zum großen Klamauk.
Unterm Strich verfehlt aber Devil’s Pass alle angestrebten Ziele. Er ist weder gruselig, noch löst er das zentrale Rätsel um die originale Gruppe. Stattdessen verwirrt das Drehbuch den Großteil seiner Zuschauer mit einem Sci-Fi-Twist, den Drehbuchautor Vikram Weet ohne Aufbau und gegen jede Logik einfach so aus dem Hut zieht. Die billigen Vorurteile und Stereotypen gegenüber des russischen Militärs helfen da ebenso wenig.
Die DVD an sich lässt keine technischen Beschwerden zu, Bild und Ton sind einwandfrei. Insbesondere im Dolby Digital 5.1 hört man in den schaurigen Momenten mehr, was wiederum den gewünschten Effekt beim Zuschauer verstärkt. Ein wenig ärgerlich ist hingegen die Ausgestaltung des Menus, das, sofern man es einmal komplett durchlaufen lässt, mit Filmausschnitten aus allen Teilen des Films keine Wendungen mehr geheimhält.
Linguisten werden sich womöglich daran stören, dass im Film zwar explizit auf die amerikanischen Nationalität der Studenten in ausführlichen News-Segmenten hingewiesen wird, die Figuren aber selbst die Anwohner in Russland in der Synchronisation fragen, ob diese Deutsch sprechen. Da hätte man auch ein schlichtes “Verstehen Sie mich nehmen können”. Wer dagegen die OT-Fassung wählen möchte, wird womöglich ebenfalls enttäuscht werden. Die Schauspieler stoßen nicht nur bei den ohnehin geringen emotionalen Momenten an ihre Grenzen, sondern insbesondere Hauptdarstellerin Holly Goss hat störende Probleme mit ihrem Akzent, was wiederum paradox ist, soll sie ja immerhin diese Dokumentation moderieren.
Die Extras enttäuschen für eine Produktion dieser Art nicht; neben dem originalen Trailer und der deutschen Variante gibt es noch ein ausführliches Making Of, das jedoch mehr ein Verkaufsvehikel samt leeren Phrasen darstellt, die nach der Sehung des Films bei dem geneigten Zyniker durchaus humorvoll wirken wird.
Devil’s Pass ist ab sofort auf DVD, Blu-Ray und VOD erhältlich. (Amazon-Partnerlink)