Vereinigte Staaten, 2013
Regie: Jeff Tremaine
Drehbuch: Jeff Tremaine, Johnny Knoxville, Spike Jonze
Darsteller: Johnny Knoxville, Jackson Nicoll
Länge: 92 Minuten
Rating:
Nach dem Tod von Ryan Dunn und dem ohnehin bereits vorangegangen sehr selbstreflektiven Ende der Jackass-Trilogie (inklusive Weezers “Memories”), dürfte es den Millionen Fans weltweit bewusst gewesen sein, dass eine Ära geendet ist. Zeit den Blödsinn beiseite zu legen und erwachsen zu werden. Leider hat die Crew wohl diesen Ratschlag ein wenig zu ehrlich genommen. Während nämlich nur noch Steve-O im Rahmen der Öffentlichkeit (Und damit ist jetzt YouTube gemeint) seinen Stunts nachgeht, ist es um den Rest der Crew sehr ruhig geworden. Im selbstreflektiven Tribute for Ryan Dunn wurde dann endgültig nicht nur klar, dass diese Männer nicht nur das Alter immer mehr verspüren, sondern es auch an Lust und Motivation bei den heutigen Familienvätern mangelt.
Dennoch bleibt Jackass ein vitales Franchise für Dickhouse und MTV. Eine Zwischenlösung wurde gefunden. Ein alter Sketch über alte Leute aus der Show wird auf Filmlänge aufgezogen, geboren ist Jackass Presents: Bad Grandpa. Die Crew ist dabei, die originalen Produzenten wie Spike Jonze und Johnny Knoxville übernimmt sogar die Hauptrolle. Alles startklar. Richtig?
Irving Zisman könnte gerade nicht glücklicher sein. Seine Frau ist im hohen Alter endlich verstorben und nun steht nichts mehr zwischen ihm und all den vielen Ladies, die er paarungswürdig findet. Und das sind so ziemlich alle mit zwei Beinen. Doch seine drogensüchtige Tochter macht ihm einen Strich durch seine Rechnung. Sie hat gegen ihre Bewährungsauflagen verstoßen und muss fliehen. Auf der Beerdigung ihrer Mutter hinterlässt sie Irving seinen kleinen Enkelsohn Billy, den der Opa nun durchs halbe Land zu seinem Vater bringen muss.
Auf dem Papier stimmt noch alles. Knoxville hatte bereits vor über 10 Jahren den alten Zisman perfekt verkörpert und die richtige Mischung aus perversem, alten Sack und flottem Sprücheklopfer gefunden (wobei man sagen muss, dass das Make-Up vor 10 Jahren wesentlich authentischer aussah). Jackson Nicoll, der den achtjährigen Billy spielt, ist dazu das perfekte Casting und die Entdeckung des Films. Nicoll ist noch gerade an der Schwelle, wo kleine, dicke Jungs noch süß sind und seine blondierten Spitzen und freches Gesicht passen perfekt zu der Rolle. Dazu ist sein Timing schon jetzt so unglaublich gut, dass er wohl eine große Zukunft als Comedian haben wird.
Was aber aus diesen Qualitäten gemacht wird, ist relativ enttäuscht. Auch wenn Jeff Tremaines Regiearbeit nie so wirklich komplett abstürzt, gibt es unglaublich große Längen im Film, in denen es kaum Jokes gibt und man versucht eine berührende Opa-Enkel-Geschichte zu erzählen, die natürlich zu keinem Zeitpunkt funktioniert, weil der Zuschauer sich natürlich zu jedem Zeitpunkt bewusst ist, dass dort Johnny Knoxville im Kostüm über die Leinwand läuft und die Figur Irving Zisman nie wirklich existiert. Dazu ist die Geschichte auch einfach schwach und der Road Trip zweier Hauptdarsteller, die sich auf der Straße lieben lernen, ist ebnefalls ausgelutscht. Der Ansatz, diese im Guerilla-Style gefilmten Szenen mit authentischen Reaktionen von normalen Leuten zu Streichen zu verbinden, will nie so wirklich zünden.
Und überhaupt: Dass es eine Menge dick jokes geben würde, hat natürlich jeder erwartet und die Enttäuschung wäre groß, wenn man diese ausgelassen hätte. Aber der Anteil von dick, fart und shit jokes hier ist enorm und schade, denn die Interaktionen von Knoxville mit Passanten hatten früher wesentlich mehr Biss, den man hier schmerzlich vermisst. Weiterhin sind die Stunts zahmer und die echten Menschen kommen im schlechtesten Fall als übergewichtige Idioten rüber. Man will hier so sehr Borat sein, schafft es aber nie eine provokante Reaktion hervorzurufen. Die Witze haben nie mehrere Schichten und locker bis auf zwei bis drei Highlights nie mehr als ein Kichern hervor.
Doch Bad Grandpa ist bei all dieser Kritik keine Katastrophe. Die Interaktionen mit echten Menschen locken auch dem schwersten Zyniker ein kleines Schmunzeln hervor und das Gefühl für Timing von Jackson Nicoll ist beachtlich. Am Ende jedoch muss eingestanden werden, dass Bad Grandpa eine risikolose Rechnung ist, die zwar aufgeht, aber wahre Fans enttäuschen wird. Die Zielgruppe wird befriedigt, während ansonsten kein Tabu gebrochen oder etwas gewagt wird – was ja eigentlich das Schlimmste ist, was passieren konnte.