“Go! I’m dead!”
Nach der großartigen Einführung von Woodbury und dem Governor in der letzten Folge, kommen wir in ein tiefes Tal der Tränen in der vierten Folge. Die Screentime wird aufgeteilt zwischen Woodbury und dem Gefängnis, wobei wir in Woodbury nichts erfahren, das wir nicht schon wissen. Merle ist creepy, Andrea gefällt’s, der Governor ist shady und Michonne misstrauisch. Alles Puffer für die Balls-to-the-Wall-Action im Gefängnis.
Rick und Co. räumen gerade das Gefängnis auf. Alle schauen sich freudig an, Hershel kann sogar wieder gehen und ein Funken Hoffnung keimt auf. Doch wir befinden uns hier in The Walking Dead und Glenn stöhnt passend “Können wir nicht einmal einen guten Tag haben?” als Walker auf der anderen Seite des Zauns lauern. Doch das sind nicht die einzigen. Jemand im Gefängnis – es stellt sich heraus, dass es Andrew war, den Rick entkommen ließ – hat die Zäune geöffnet und nun strömen Walker von überall her. Beth und Hershel können sich in einer Ecke retten, während Maggie, Carl und Lori in die dunklen Gassen des Gefängnisses gedrückt werden. T-Dog wird gebissen und sichert Carol ein wenig Zeit um zu entkommen. Lori bekommt Wehen und hat Probleme bei der Geburt. Sie zwingt Maggie das Baby aus ihr herauszuschneiden um wenigstens ein Leben zu retten. Lori stirbt und Carl schiebt seiner Mutter eine Kugel in den Kopf, sodass sie nicht wiederkehrt. BLAM.
Alles in allem könnte man meinen, dass man hier eine gute Folge gesehen hat. Dem ist aber nicht so. Was man hier sieht, sind Autoren bei der Arbeit, die sie fundamental falsch verstehen. Das Problem der zweiten Staffel war nicht (nur), dass wir zu wenig Action hatten, sondern dass die Serie sich um nichts wirklich dreht. Es ist in Ordnung eine geniale actionreiche Folge voller Zombiesplatter zu haben, in der Helden ihr Leben lassen. Doch das kann nicht zur Normalität werden und wenn es in dem Tempo weitergeht, das die ersten Folgen anlegen, haben wir schon keine Leute mehr vor der Winterpause. The Walking Dead ist gut in den Momenten, wenn die Charaktere gegen die Zombies ankämpfen. Doch da muss mehr sein als die imminente Gefahr von Zombies gefressen zu werden. Wer war T-Dog? Wieso spricht er sich für die Knackis aus 5 Minuten bevor er stirbt? Dass wir für ihn fühlen, wenn er sich für Carol opfert? Opfer und Heldentaten müssen sich verdient machen beim Zuschauer. Nun ist T-Dog tot. Whatever.
Doch Lori ist anders. Auch wenn sie von Fans gehasst wurde, kann man nicht leugnen, dass sie immens wichtig für Carl und Rick war, so komplex ihr Verhältnis auch war. Man geht hier ein großes Risiko ein, sie zu diesem Zeitpunkt sterben zu lassen. (Mein Comic-Herz weint natürlich, weil der beste Cliffhanger aller Zeiten – sofern umgesetzt – nicht seine ganze Pracht entfalten kann.) Es ist eine feine Linie, die die Schreiber hier gehen müssen und ich bin mir nicht sicher, dass dazu fähig sind. Zweifellos, die Folgen sind besser geworden, doch so wirklich interessant waren bisher keine Dialoge. Die Diskussion um Oscar und Axel war auch leicht an der Grenze zur Fremdscham, besonders dank T-Dogs Mini-Dale-Gedächtnis-Arc.
The Walking Dead muss sich um mehr drehen als Zombies, die Todesgefahr und den Horror. Wenn es so weitergeht – und das darf man Interviews der Showrunner Mazarra und Kirkman entnehmen – wird sich der Anteil an Action, Gore und Horror pro Folge so halten. Und das ist nicht gut. Es muss Zuschauer mehr zum Bildschirm treiben als die Frage “Wer stirbt denn heute?”. Es entsteht zwar durchaus Potential hier in der Folge (Ricks Schuld, Carls Elternmord, das Baby und die Gruppe), doch es bleibt abzuwarten, wie das genutzt wird.
Immerhin das Ende überzeugt dann doch stark; insbesondere Andrew Lincolns ist großartig. Wie sein Rick sich da vor Carl stellt und ihn anjammert, in der Hoffnung ihn zu brechen, ihn umarmen zu können und das Leid zu teilen und der Junge da einfach so knallhart steht bis Rick realisiert, was passiert sein muss. Großartiges Ende, das leider vom Schnitt so abrupt in die Credits geschickt wird. Da hätte Rick ruhig noch ein paar Sekunden heulend auf dem Boden liegen können.