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“Only one way to keep you alive.”
Ein ziemlich passendes Zitat am Ende der Folge, als Rick Hershel etwas Schreckliches antut um ihn zu retten. Denn auch die Serie selbst war nach einer eher miesen ersten und überaus durchwachsenen zweiten Staffel in bitterer Not für einen Neustart. Am besten tut man das in einer Serie dieser Art, indem man die Szenerie wechselt, den Cast durchschüttelt und eventuell sogar einen Zeitsprung macht. The Walking Dead macht all das – und es funktioniert.
Die Episode eröffnet mit einem “Cold Opening“, in dem keiner unserer Helden auch nur ein Wort verliert. Gemäß dem Drehbuchgesetz “Show, don’t tell” sehen wir anhand Loris Schwangerschaft und Carls Alter, dass etwas Zeit vergangen ist (guter Versuch Chandler Riggs in der Serie zu behalten; fragt sich nur wie lange das noch gehen wird…). Acht Monate insgesamt. Die Gruppe hat einen harten Winter hinter sich, Charaktere haben sich weiterentwickelt und all diese wahrscheinlich anstrengenden Entwicklungen bleiben uns erspart. Wir wissen nur schnell: Unsere Helden sind müde, kaputt und hungrig.
Als die Gruppe zu Beginn auf der Flucht vor freilaufenden Horden und auf der Suche nach Essen in ein Landhaus einbricht, tötet Carl ohne zu zögern einen Walker. Auch Lori hat sich gewandelt. Sie hat mehr Verständnis für Rick und fürchtet inzwischen um ihr Leben: Was wäre, wenn sie eine Totgeburt hat und das Baby sie von innen auffrisst? Als Zuschauer erfährt man Sympathie für Lori; ein neues Gefühl. Man hat hier für einen großen Teil einen notwendigen Reset-Button gedrückt. Hoffentlich bleibt das alles so, wenn wir die Gefängnissoap kriegen, die uns wohl oder übel bevorsteht.
Denn dort geht es hin. Als Rick über das Gefängnis stolpert, ist das alles nicht so theatralisch und groß wie im Comic, aber hey, ich beschwer mich nicht. Was folgt ist das größte und over-the-topste Zombie-Gemetzel, das die Serie bis jetzt gesehen hat und auch in cineastischer Hinsicht keine direkte Vergleiche finden wird, als die Gruppe um Rick mit nichts als Messern und Stangen bewaffnet im Nahkampf das Gefängnis Stück für Stück erobert.
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Natürlich kann die Folge nicht komplett perfekt enden, vorher muss noch etwas Dummes passieren: Hershel läuft über einen Zombie, der scheinbar tot gegen Wand sitzt, und wird von eben diesem gebissen. Rick hackt ihm daraufhin das Bein ab – um ihn zu retten – und wir kriegen unseren Cliffhanger: Die schockierten Gesichter der Gefängnisinsassen, die im Comic eine zentrale Rolle in den ersten Ausgaben im Gefängnis spielen. Auf den ersten Blick konnte ich hier mal keine bekannten Gesichter (außer vielleicht Dexter) erkennen.
Das mit Hershel ist doof. Es nervt. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Zombie tot ist, steigt man nicht einfach über ihn. Zugegeben, es war dunkel und vielleicht ist das unsere erste Einführung in die Unterscheidung zwischen Walker und Lurker, aber es bleibt dabei: Hershel ist ein fantastischer Charakter und ihn so gehen zu sehen (sofern die Storyline dem Comic-Charakter Allen folgen wird, den die Serie ausgelassen hat) schmerzt einfach. Die Stelle mit ihm, seinem Sohn und dem Governor ist eine meiner Lieblingsszenen im Comic. Beth hätte hier gut funktioniert. Aber soviel zu meinem Comicnerdrage.
Die Folge ist gut. Hershel spricht davon, dass er im Feld vor dem Gefängnis Gemüse anpflanzen könnte. Passend zu meiner Hoffnung trägt die Episode den Titel “Seed”, zu deutsch Samen. Es ist eine vage, unsichere Hoffnung, die ähnlich wie das Samenkorn wachsen kann, wenn man sie pflegt und züchtet. Man hat mit der Folge einen guten Grundstein gelegt; es bleibt abzuwarten, ob man das hohe Niveau auch mal, außer in Piloten und Staffelfinalen, in normalen Episoden vorfinden kann.