Offener Brief einer Schülerin an ARD und ZDF - PewPewPew

Clara schreibt mir:

guten tag sascha,
ich hätte eine bitte an dich, könntest du diesen offenen brief an die öffentlich-rechtlichen tv-sender auf deinen blog posten? […]

Clara ist noch Schülerin der 10. Klasse, was diesen Brief noch wichtiger macht, weil sie noch mehr “Zukunft ist” als ich oder viele Leser des Blogs. Außerdem bin ich Lehrer und wenn Schüler sich mit solchen Themen bereits derart progressiv beschäftigen und tolle Produkte wie diesen Brief fabrizieren, bin ich natürlich gewillt dafür zu werben. Ich stimme dem Brief in jedem Wort zu. Deutschland kann Qualitätsfernsehen machen, aber die Frage ist, ob die Verantwortlichen das auch wollen.

Sehr geehrte Verantwortliche der Öffenttlich-Rechtlichen Sender,

“Denken Sie daran einen deutschen Ableger ihres Senders HBO ins Leben zu rufen?”, wurde der Chef eben dieses amerikanischen Erfolgssenders gefragt. Seine Antwort darauf war: “Wieso sollte ich, wenn die ARD und das ZDF kein ordentliches Fernsehen machen, ist es euer Problem.”¹
In dem Artikel der TV Spielfilm², der mich auf die Idee gebracht hat, diesen Brief zu schreiben, stand auch, dass Deutschland die Chance auf eigenes hochkarätiges Fernsehen hat, ähnlich dem, welches HBO oder auch die BBC produzieren. Zusätzlich wurden drei Sender genannt, die sich zu einem deutschen HBO mausern könnten. Denn ein Erfolgsgeheimnis für gutes und anspruchsvolles Fernsehen liegt darin, nicht von Quoten abhängig zu sein und dementsprechend auch Experimente wagen zu können.
Diese Vorraussetzung erfüllen in Deutschland, neben Sky, die Öffentlich-Rechtlichen. Es ist eine Freiheit, die Ihnen unglaubliche Möglichkeiten bietet und sie außerdem privilegiert. Dieses Privileg sollten Sie nutzen allein schon in Ihrem eigenen Interesse, denn Ihre Daseinsberechtigung besteht nur noch darin, dass Sie die Tagesschau produzieren, zur Belustigung der Senioren beitragen und hin und wieder mal einen guten Tatort liefern.
Wenn Sie also wieder als bedeutende Fernsehsender gelten wollen, die zu Recht die Plätze eins und zwei auf unseren Fernbedienungen belegen und das nicht nur in den Altersheimen der Republik, dann seien Sie mutig!
Sie haben den Freiraum, um großartige Serien und Filme zu produzieren und ich bin sicher, dass es genügend kreative, junge Drehbuchautoren, Regisseure und Schauspieler gibt, die sich riesig über die Chance freuen würden, gutes Fernsehen machen zu können! Auch bin ich mir sicher, dass niemand, der heute die GEZ-Gebühren bezahlt, sich darüber aufregen wird, dass Sie neue Pfade beschreiten, selbst wenn es kein Erfolg werden sollte.
Und wenn Sie diese Pfade beschreiten, dann machen Sie auch darauf aufmerksam!
Zeigen Sie, was Sie haben und zwar nicht zu undankbaren Zeiten (Anm.: Beispiel 1 und 2), sondern zur Primetime und nicht auf einem der kleinen Ableger, sondern im Hauptprogramm! Und wenn Sie diese Highlights in Ihrem eigenen Programm ankündigen, dann bitte auch im Geiste der Sendung und nicht wie den neuen Rosemunde-Pilcher-Film, denn damit haben Sie schon potentielle Zuschauer verloren und falsche Erwartungen bei Ihren Zuschauern geweckt.
Bitte tun Sie sich und uns den Gefallen, endlich gutes Fernsehen genießen zu können, ohne extra dafür bezahlen zu müssen und geben Sie uns die Hoffnung in das deutsche Fernsehen wieder, das gefühlt nur noch der akuten Volksverdummung oder als Schlafmittel für die über 60-Jährigen dient. Lasst uns nicht mehr in dem Glauben, nur die Amerikaner und Briten können hochkarätiges Fernsehen machen und zeigen Sie, dass Ihnen nicht nur die alte Generation wichtig ist, sondern auch die Hoffnung auf eine Zukunft Ihnen etwas bedeutet!

Mit freundlichen Grüßen,
Clara Siepmann

¹ Bezug auf ”Fernsehen für Profis” von Rüdiger Meyer, erschienen in der TV Spielfilm XXL 18/12, Seiten 8-9.
² Rüdiger Meyer, aaO.

Ich habe Clara gefragt, ob Sie damit einverstanden ist, wenn ich ihre Mail-Adresse veröffentliche und sie hat zugestimmt und um Feedback gebeten. Dann mal auf. Kommentare gehen natürlich auch. Und einen Blog sollte sie sich auch anschaffen, wenn es nach mir geht.